09 Sep Edelstahl – was verbirgt sich eigentlich dahinter?
Edelstahl ist das führende Material in der Gastronomie. Schaut man sich allerdings die Angebote der einzelnen Anbieter an, so findet man unzählige verschiedene Angaben bei den verwendeten Materialien.
Laut Definition sind Edelstähle damit nicht automatisch rostfrei – auch wenn sich das im allgemeinen Sprachgebrauch so durchgesetzt hat. Selbstverständlich ist die Rostfreiheit auch in der Gastronomie eine unverzichtbare Eigenschaft von Edelstahl.
Für eine ausreichende Korrosionsbeständigkeit ist auf der Metalloberfläche eine so genannte „Passivschicht“ notwendig. Dies kann man sich als einen ganz dünnen Film auf der Oberfläche vorstellen der wie eine Schutzschicht wirkt. Dieser Film reagiert selber nicht – daher „Passivschicht“ – und schützt so den eingeschlossenen Werkstoff zuverlässig. Wie kann man diese Schutzschicht nun erzeugen?
Edelstahl ist – wie alle Stähle – eine Legierung. Es werden also mehrere Elemente miteinander zu einem Werkstoff, im wahrsten Sinne des Wortes, verschmolzen. Bei Stahl ist das erstmal überwiegend Eisen und Kohlenstoff. Werden die bei der Herstellung ebenfalls auftretenden Mengen an nicht gewünschten Bestandteilen im Stahl (so genannte „Eisenbegleiter“), wie beispielsweise Schwefel und Phosphor auf unter 0,025% reduziert, so wird aus „Stahl“ „Edelstahl“.
Erzeugt man nun einen Edelstahl als Legierung die maximal 1,2% Kohlenstoff enthält, aber mindestens 10,5% Chrom, so wird der Edelstahl rostfrei. Vereinfacht kann man dann sagen, dass ein höherer Chrom-Anteil eine höhere Beständigkeit gegen Rost bewirkt. Wer beispielsweise schon mal etwas von dem in der Gastronomie üblichen „18/10’er Edelstahl“ gehört hat: dieser enthält 18% Chrom. Höhere Chrom-Anteile werden dann nicht mehr verwendet, sondern es wird bei höheren Anforderungen an die Rostfreiheit noch der Stoff Molybdän hinzugefügt.
Für die, die sich nur noch dunkel an das Periodensystem der Elemente und die darin vorkommenden Abkürzungen der chemischen Elemente erinnern können: Chrom hat die Abkürzung „Cr“, Molybdän „Mo“.
Neben Rostfreiheit ist auch die Säurebeständigkeit der Oberflächen in der Küche und im Gastronomie-Umfeld wichtig. Diese erhält man durch die Beimischung von Nickel – oder in der Kurzform „Ni“. In der Bezeichnung „18/10“ steht die 10 für den 10%igen Anteil an Nickel.
Die Bezeichnung in Summe lautet also „Chrom-Nickel-Stahl“ oder kurz „CNS“. Bleiben wir aber noch kurz bei unserem Beispiel „CNS 18/10“:
Da der Nickel-Anteil größer als 8% ist, gehört der 18/10’er Edelstahl zur Gruppe der „austenitischen Stähle“ die – bedingt durch den hohen Nickel Anteil – eine andere Kristallstruktur aufweisen. Das ist interessant, da diese Edelstähle in der Regel nicht magnetisch sind. Sollte also ein Magnet haften bleiben, so kann man sagen, dass dieser Edelstahl einen geringen Nickelanteil enthält und daher nur bedingt säureresistent ist.
Besonders verwirrend wird es in dem Zusammenhang bei den auftauchenden Bezeichnungen! „CNS 18/10“ haben wir ja schon gehört, aber alleine für diesen Werkstoff gibt es noch die Bezeichnung mit einer Werkstoff-Nummer 1.4301, einem Kurznamen gem. DIN EN 10 088-2 X2CrNiN18-10, einer AISI Nummer SUS304 und einer UNS-Nummer S30400. Das ist erstmal Verwirrung pur – aber der Reihe nach!
Werkstoff-Nummer: Die Stahl Werkstoffnummern werden vom Stahlinstitut VDEh in Düsseldorf vergeben. Es handelt sich immer um eine 5-stellige Zahl. Die erste Ziffer steht für Stahl und ist daher in den hier betrachteten Fällen immer eine 1. Schwermetalle wären die Ziffer 2 und Leichtmetalle die Ziffer 3.
Die ersten beiden Ziffern nach der 1 und nach dem Punkt stehen für die Sortennummer. Diese beiden Ziffern sind recht klar eingeteilt nach der Zusammensetzung. Man kann sagen, dass 00 bis 18 für unlegierte und über 20 die legierten Edelstähle liegen. Bleiben wir bei unserem Beispiel 1.4301 so steht die 43 für „Nichtrostender Stahl mit ≥ 2,5 % Nickel“.
Die letzten beiden Ziffern dienen als Zählnummer und damit nur noch der Unterscheidung der verschiedenen Sorten.
Der Kurzname: Beim Hauptnamen kann man ähnlich verfahren. Dieser Kurzname ergibt sich aus der DIN EN ISO 10027-1. Als Beispiel nehmen wir wieder unser „CNS 18/10“ mit der Kurzbezeichnung X5CrNi18-10. Das „X“ ist die Hauptgruppe und steht für „Hochlegierte Stähle mind. 5% Masseanteil Legierungselemente“. Da wir ja nur über rostfreien Edelstahl reden der mindestens 10% Chrom-Anteil benötigt, haben alle in der Gastronomie verwendeten Edelstähle hier ein X stehen. Die 5 steht für den Kohlenstoffgehalt. Wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat muss sich jetzt wundern: Rostfrei ist Edelstahl doch nur bei einem Kohlenstoffgehalt von weniger als 1,2%? Die 5 in der Kurzbezeichnung ist multipliziert mit dem Faktor 100 – also ist der tatsächliche Kohlenstoffgehalt bei 0,05.
Danach folgen die Legierungselemente, geordnet nach der Menge – in unserm Fall also Cr für Chrom und Ni für Nickel. Die Mengenangabe ist in diesem Fall ohne zusätzlichen Faktor – also 18% und 10%.
Auf die AISI Nummer sei an dieser Stelle nur kurz eingegangen: es handelt sich um die Nummerierung der American Iron and Steel Institute und somit um die in den USA gebräuchlichen Benennungen. UNS steht für „Unified Numbering System of Metals and Alloys“ – einen Industriestandard, der jeweils aus einem Buchstaben und einer Nummer mit 5 Zahlen besteht.
Man sieht: viele Bezeichnungen für ein und denselben Werkstoff. Da unser Beispiel dann auch noch der bekannteste Werkstoff im Gastro-Bereich ist, ist er auch noch umgangssprachlich als V2A bekannt.
Damit ist aber noch nicht Schluss mit den unterschiedlichen Bezeichnungen! Einige Hersteller bewerben ihr Material als „rostfreier, ferritischer Stahl“. Dazu müssen wir uns zurück erinnern an den CNS 18/10 welches ein austenitischer Stahl mit einem Nickel Gehalt von mehr als 8% ist. Ferritischer Stahl hingehen beinhaltet keinen Nickel. Durch einen hohen Chromanteil von mehr als 10,5% ist er jedoch ebenfalls rostfrei. Natürlich ist die Produktion dieser Materialien günstiger. Bei gleichem Schutz vor Korrosion verfügen diese ferritischen Stähle über eine geringere Säureresistenz. Folgende Stähle werden beispielsweise eingesetzt:
UNS 445 = 19-21% Chrom (Werkstoff Nummer 1. 4621; X2CrNbCu21)
UNS 441 = 17,5 – 18,5% Chrom (Werkstoff Nummer 1.4509; X2CrTiNb18)
UNS 430 = 16 – 18 % Chrom (Werkstoff Nummer 1.4016, X6Cr17)
Eine weitere Option für den gastronomischen Einsatz ist das so genannte 201’er Edelstahl (AISI 201) mit der Werkstoffnummer 1.4618 oder X9CrMnNiCu17-8-5-2. Bei diesem Material wird die gleiche Wirkung in Bezug auf Rostfreiheit und Säureresistenz erreicht wie bei dem vorhin genannten Chrom-Nickel-Stahl. Dies allerdings mit einem wesentlich geringeren Nickel-Anteil von 4,5%. Dies wird durch den Zusatz von 6% Mangan (Mn) und 1,6% Kupfer (Cu) erreicht. Die letzten beiden Komponenten sind deutlich günstiger als Nickel. So werden die Kosten pro Tonne Edelstahl signifikant gesenkt.
Ebenfalls findet man die Werkstoffnummer 1.4401 (X5CrNiMo17-12-2), AISI 316 oder umgangssprachlich V4A bei einigen Gastro-Produkten. Hier wurden 2% des oben bereits erwähnten Molybdän zugefügt, um die Korrosionsbeständigkeit noch weiter zu erhöhen. Der Nickel-Anteil ist mit 12% ebenfalls sehr hoch.
Die letzten beiden Werkstoffe sind allerdings nur Randerscheinungen.
Wir hoffen, dass wir mit diesem Beitrag ein wenig Licht ins Dunkel der verschiedenen Edelstähle bringen konnten. Klar ist: je hochwertiger der Edelstahl, desto langlebiger ist er. In einigen Bereichen wird man auch um die Auswahl von sehr hochwertigem Edelstahl umhin kommen – zum Beispiel, wenn der Einsatz aggressiver Reiniger unumgänglich ist.
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